Radiologe appelliert: „Patienten sind selbst für Ihre Gesundheit verantwortlich.“

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IBS Publishing Team

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Beim Thema Schmerzen müssen Patienten und Ärzte umdenken. Im Interview mit InspiredBySports erklärt der Münchner Radiologe und Schmerztherapeut Dr. Dr. med. Richard Westhaus, warum Operationen oft unnötig sind und wie Patienten durch angeleitete Selbsttherapien und dem Einsatz von passenden Therapiegeräten chronische Schmerzen behandeln können.

 

Heutzutage widmen viele Ärzte den Patienten immer weniger Zeit. Diagnosen werden schnell gestellt und zu einer ausführlichen Behandlungsempfehlung kommt es meist nicht mehr. Sie als Radiologe versuchen diesem entgegenzuwirken und nehmen sich die Zeit für Übungen- und Therapie-Vorschläge. Warum?

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Dr. Dr. med. Richard Westhaus im Interview mit InspiredBySports: „Patienten sind selbst für ihre Gesundheit verantwortlich!“

Dr. Westhaus: Ich glaube, hier müssen wir die Diskrepanz zwischen unserem Wunsch nach einer individualisierten Therapie und den Rahmenbedingungen sehen, die unser Gesundheitssystem vorgibt. Das unumstößliches Fundament für eine langfristig erfolgreiche Therapie ist eine gründliche Anamnese und Diagnostik, die das Leiden und den Therapiewunsch der Patienten berücksichtigt. Es gibt spannende neue Aspekte zur Diagnostik. Das bedeutet nicht zwingend immer gleich Computer- und/oder Kernspintomographie, auch wenn diese bildgebenden Verfahren integrale Bestandteile zur Beantwortung klinischer Fragestellungen sind.

Selbstverständlich ist eine Therapie nach “Schema F” alles andere als optimal. Uns stehen sehr unterschiedliche Therapieoptionen zur Verfügung, sodass man sehr wohl eine patientenfokussierte Behandlung einschlagen könnte. Dieser Weg erfordert aber Zeit; Zeit, die vielen Kollegen/Kolleginnen in der täglichen Routine nicht zur Verfügung steht. So werden häufig medikamentöse Therapien bis zu vorschnelle operative Eingriffe verordnet, die mittel- bis langfristig allein nicht zwingend erfolgversprechend sind.

 

Es muss ein Umdenken in unserem Gesundheitssystem, bei den Kollegen/Kolleginnen, in der Politik und in der Gesellschaft stattfinden, um das Potenzial der Prävention in seiner ganzen Breite auszunutzen. Es müssten neue Wege beschritten werden, die auch für die Betroffenen wesentlich bequemer sind.

 

 

Mit der Selbstbehandlung Schmerzen vorbeugen

 

Bequemere Wege für die betroffenen Schmerzpatienten wären dann z.B. eine angeleitete Selbstbehandlung?

 

Dr. Westhaus: Generell ist die Eigenverantwortung und Selbstbehandlung ja immer das, was ich mir für die Patienten wünsche. Dass eben die Kollegen und Therapeuten ihren Patienten entsprechende Orientierungshilfen und Empfehlungen an die Hand geben. Ausschlaggebend für Therapieerfolg und Prognose der Patienten ist schlichtweg das Verständnis, die Erkrankung selbst zu managen und seinen größten Feind, den inneren Schweinehund, zu überwinden und individualisiert angepasste Therapien, zum Beispiel Trainingseinheiten, tagtäglich zu machen.

 

Ihre Praxis besuchen viele Patienten, die unter chronischen Schmerzen im muskulären Bereich leiden. Welche Ursache haben die Schmerzen in der Regel?

 

Dr. Westhaus: Neben den akuten verletzungsbedingten Schmerzen stellen die Betroffenen selbst die Hauptursache für ihre meist chronischen Schmerzen dar, sei es durch einseitige Bewegung, durch Fehlhaltung und fehlende körperliche Aktivität sowie Übergewicht. Hier begegnet uns täglich ein riesiges Spektrum, was uns im Hinblick auf Diagnostik und Therapie herausfordert.

 

Laut unterschiedlicher Quellen werden 80-90% aller Muskelschmerzen durch sogenannte Triggerpunkte verursacht. Das sind kleine Knoten in den Muskeln, die Schmerzen in die umliegenden Zonen ausstrahlen. Würden Sie aus Ihrem eigenen Gefühl diesen Zahlen zustimmen?

 

Dr. Westhaus: Ich möchte mich nicht auf einen Prozentsatz festlegen, aber es begegnet uns auf jeden Fall sehr, sehr häufig. Angesichts der in der Regel chronischen Beschwerden sind diese meistens muskulärer oder faszialer Natur, und Triggerpunkte stehen folglich im Fokus therapeutischer Bemühungen.

 

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Den eigenen Schweinehund überwinden

 

Was empfehlen Sie solchen Patienten, die aufgrund von z.B. Triggerpunkten Muskelschmerzen haben?

 

Dr. Westhaus: Hier ist es üblich, dass der Radiologe nach Möglichkeit dem Patienten nicht zu irgendwelchen therapeutischen Maßnahmen rät, sondern es bei einer Diagnose belässt. Anders verhält es sich bei den Patienten, die von sich aus den Radiologen aufsuchen. Hier habe ich alle Freiheiten den Patienten an die Hand zu nehmen und ihm ausführlich zu erklären, was es an therapeutische Möglichkeiten gibt. Das können alleine schon regelmäßige körperlich Aktivität, Gewichtsreduktion und Vermeidung von Fehlhaltungen sein. Das Spektrum therapeutischer Möglichkeiten, mit denen Patienten ihre Triggerpunkte selbst behandeln könnten, gehört ebenfalls dazu.

 

Zum Beispiel kann Druck auf einen Triggerpunkt gegeben werden, wodurch ein Gegenreflex entsteht und der verspannte Muskel oder die Verspannungszonen irgendwann „loslässt“. Solche Selbstbehandlungen müssen den Patienten gezielt von Therapeuten erläutert und beigebracht werden, denn die Selbstbehandlung produziert zunächst einmal Schmerzen, die sich Patienten ungern selber zufügen. Indem man den Patienten aber erklärt, worin der Sinn und Zweck dieser Therapie besteht, können sie das Behandlungsprinzip nachvollziehen, sich bewusster und konsequenter der Selbsttherapie widmen, schließlich tolerieren und akzeptieren sie anfängliche Schmerzen. Sportler haben das i.d.R. verinnerlicht und handeln entsprechend.

Können Sie Beispiele nennen, wie durch eine Selbstbehandlung, zum Beispiel in Form von einer Drucktherapie, Triggerpunkt behandelt werden können?

 

Wenn ein Patient gelernt hat, wie er myofasziale Triggerpunkte lokalisieren kann und den Nutzen einer Selbstbehandlung verstanden hat, dann kann er gezielt in Form einer komprimierenden manuellen Therapie Hand an sich legen. Zum Beispiel können so muskuloskelettale Beschwerden, die ihre Ursache z.B. in Arthrosen oder Schleimbeutel-Entzündungen haben, sehr wohl selbst behandelt werden. Der Patient muss verstehen, dass zwar eine Arthrose an sich, sprich der Knorpelschaden, nicht mehr rückbildungsfähig ist, die Funktion des Gelenks aber nachhaltig verbessert werden kann. So kann effizient dem Schmerz entgegengewirkt werden, durch entsprechende lokale Behandlung, Kompressionsverfahren und myofasziale Behandlungsmethoden, zum Beispiel mit einem passenden Sportgerät, nicht zu vergessen ein regelmäßiges Training der betroffenen Muskulatur.

 

Nutzen Sie selbst ein Sportgerät, um Ihre Triggerpunkte zu behandeln?

 

Dr. Westhaus:  Ich selbst arbeite mit dem TRIGGERBALL. Dieser ist eine wunderbare Sache, weil ich ihn gezielt anwenden kann. Ich weiß ja, was mir in Bezug zu meinen Muskeln nach vielen Operationen, auch im Rahmen des Leistungssports, fehlt und mit dem Tool TRIGGERBALL treffe ich immer die entscheidenden Punkte. Ich merke relativ zeitnah entsprechende funktionelle Verbesserungen wie zum Beispiel nachlassenden Schmerz oder eine freiere Beweglichkeit. Ich nutze das Sportgerät regelmäßig und immer in Kombination mit Stretchen/Dehnen.

 

Diese Mischung aus einer punktuellen Kompression, zum Beispiel durch die Anwendung eines zertifizierten Medizinprodukts wie den TRIGGERBALL, und konsequenter Dehnung der betroffenen Muskelgruppe ist besonders wichtig, um Schmerzen einerseits gezielt zu behandeln andererseits diese vorzubeugen. Aber das muss einfach gelernt sein und eben professionell und fachkundig kommuniziert werden.

 

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Was schätzen Sie an dem TRIGGERBALL im Gegensatz zu beispielsweise einem einfachen Tennisball?

 

Dr. Westhaus: Es geht, wie der Name Triggerpunkt sagt, um Punkte, von denen die Beschwerden ausgehen. In der Regel sind es diese ausstrahlenden Schmerzen, die jetzt ausgelöst, das heißt getriggert werden. Aufgrund seiner besonderen Geometrie und Konsistenz verfügt der TRIGGERBALL über ein Alleinstellungsmerkmal und es gelingt damit, diese Punkte exakt zu lokalisieren und gezielt und effizient zu behandeln.

 

Im Bereich Gesundheit muss sich einiges tun

 

 

Sie sind mit Ihrem Denken und Ihrer Philosophie ein Vorreiter in Ihrem Fachgebiet – auch dass Sie Ihr Denken direkt selbst anwenden, spielt dabei eine große Rolle. Können Sie nochmal kurz zusammenfassen, was Ihr Appell an alle Leute da draußen ist, die vielleicht jetzt im Bewegungsapparat Probleme haben?

 

Dr. Westhaus:  Grundsätzlich muss zwischen akuten und chronischen Beschwerdebildern unterschieden werden. Unabhängig von einer operativen Therapie beim Akut- bzw. chronischen Krankheitsbild, empfiehlt sich in präventiver Zielsetzung eine prä- und/oder postoperative Rehabilitation. Um einen langfristigen Therapieerfolg zu erreichen, müssen die Patienten entsprechend ihren Therapiewünschen und ihrer Erwartungshaltung in das Therapiekonzept eingebunden werden. Patienten müssen lernen zu verstehen, dass sie vor allem selbst ihrer Gesundheit verpflichtet bzw. für ihre Gesundheit verantwortlich sind.

 

Erfolge stellen sich überall dort ein, wo nach kompetenter Anleitung entsprechende Rahmenbedingungen, hierzu gehören auch die langfristige Betreuung der Patienten, geschaffen werden, ihre Eigenverantwortung für langfristiges Wohlbefinden hervorzuheben und verständlich zu machen. Das ist in meinen Augen ein universelles präventives Konzept, nicht nur für muskuloskelettale Probleme, sondern in gleicher Weise auch bei Herz-Kreislauf- und Tumorerkrankungen.

Statement

Ihr wollt mehr Infos zum Thema Triggerpunkte bekommen? Dann lest den Artikel Triggerpunkte: Der heimliche Übeltäter und erfahrt, was Triggerpunkte sind und wie diese entstehen.

Quelle Titelbild: iStock / Peopleimages



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