Claudia Ott – Mein schmerzhafter Weg zurück aufs Wasser

CHALLENGE THE WATER

Der erste Teil meiner Reportage liegt nun schon etliche Monate zurück. Dafür möchte ich mich bei euch entschuldigen. In der Zwischenzeit ist vieles passiert, was es mir oftmals schwierig gemacht hat, über meine Verletzung zu reden und optimistisch in die sportliche Zukunft zu blicken. Mittlerweile geht es mir jedoch wieder viel besser und ich konnte etwas Abstand gewinnen. Daher erzähle ich euch die nach Phase 1 folgenden Erlebnisse einfach rückblickend.

LEVEL: ALL

BEFORE: Phase 2 – Herstellung der Beweglichkeit und Reha

 

Der ganze Schlamassel begann in den ersten sechs Wochen nach der Kreuzband-OP. Das Knie mit dem frischen Kreuzband wollte eigentlich Bewegung, das verletzte Innenband aber sollte ich so wenig stressen wie möglich. Daher trug ich eine Orthese, die erst innerhalb von sechs Wochen schrittweise auf 90 Grad eingestellt werden sollte.

YOUR EXPERT

Claudia Ott

Mittlerweile waren es schon über zwei Monate nach der OP, und trotz ehrgeizigem Kampfeinsatz kamen wir auf 95 Grad Beugung. Zum besseren Verständnis:  Mit dieser Beugung konnte ich noch nicht einmal eine normale Treppe entspannt gehen, und für normales Radeln wären mindestens 110 Grad nötig gewesen.

 

Von Entspannung konnte man in dieser Zeit aber sowieso nicht reden. Mein Knie und die umliegende Muskulatur hielten mich durch die Verkrampfung jeden Tag und jede Nacht auf Trab, sodass so mancher Gegenstand aufgrund von Schmerz, Frustration und Wut durch die Zimmer fliegen musste.

Schon nach einigen Wochen haben die Ärzte und Physiotherapeuten gemerkt, dass das Knie recht unbeugsam war und ich nach sechs Wochen gerade mal 70 Grad schaffte. Bei meiner ersten Kreuzbandverletzung war die volle Beweglichkeit innerhalb von zwei Monaten wieder vorhanden, und nun kam ich ohne Mithilfe von meinen Physiotherapeuten nicht mal auf 70 Grad.

 

Obwohl ich fast täglich behandelt wurde und fleißig trainierte, verkrampfte sich die Muskulatur immer mehr und der Beugungsanschlag wurde härter, was darauf schließen ließ, dass nicht nur die Muskulatur an der Steifheit des Knies schuld war, sondern dass es noch andere Faktoren geben musste, die eine Beugung blockierten.

 

Nach zweieinhalb Monaten musste eine Entscheidung getroffen werden: Entweder lässt man die Physiotherapie über Monate weiterlaufen und versucht dadurch die Bewegung zu verbessern, oder man öffnet das Knie erneut, schaut nach, warum es so steif wurde und bewegt es vorsichtig unter Narkose. Das Ergebnis war bei beiden Varianten ungewiss.

Nach Rücksprache mit Orthopäden und Physiotherapeuten entschloss ich mich dazu, das Knie wieder öffnen zu lassen, weil die Fortschritte immer geringer wurden und ich sicher gehen wollte, dass im Knie selbst alles in Ordnung war. Drei Monate nach der ersten OP kam ich also wieder unters Messer.

EXPERT EXPERIENCE

Die größte Herausforderung bei der zweiten OP lag darin, positiv denkend an die Sache ranzugehen, wieder neue Motivation zu finden und die Therapie danach gut durchzuplanen. Die Ärzte hatten richtiger Weise vermutet, dass ich zu einer raschen Narbenbildung neige und das Knie sozusagen „zugewuchert“ war. Daher musste man nach dem erneuten Eingriff sofort mit Bewegen und Beugen anfangen, um eine wiederholte Narbenbildung zu verhindern.

 

Als das Knie geöffnet wurde, staunten die Orthopäden angeblich nicht schlecht, da ein sehr großer Teil der Kniekapsel mit wildem Narbengewebe verwachsen war und zusätzlich ein Zyklops, eine Wucherung am neuen Kreuzband, das Innere des Knies bewohnte. Eine Operation war daher die richtige Entscheidung. Der ganze Gewebemüll wurde herausgeschnitten und das Knie wurde vorsichtig auf 120 Grad gebeugt.

CHALLENGE

Insgesamt war der Eingriff größer als geplant, sodass man mich gleich drei Tage einquartierte, anstatt mich wie geplant nur ambulant zu behandeln. So hatte ich gleich wenigstens wieder Gelegenheit, die Schwestern auf Trab zu halten.

IMPORTANT ADVICE

Kaum nach der OP aufgewacht, wurde ich auch schon angewiesen selbstständig zu versuchen, das Knie anzuziehen und zu beugen. Und tatsächlich packte ich trotz dickem Verband und Muskeln wie Pudding die 120 Grad. Nach Monaten voller Niederschläge konnte ich zum ersten Mal wieder wie ein Honigkuchenpferd grinsen, was durch die lustigen Mittelchen die mir in Arm und Bein flossen nur noch verstärkt wurde.

 

Schon am zweiten Tag durfte ich ohne Krücken durch die Gegend streifen und wurde immer wieder in eine Bewegungsschiene für das Bein gesteckt. Das Knie beugte sich brav, und das für die überforderten Schwestern wohl zu aktive Honigkuchenpferd nahm öfter reißaus und galoppierte durch den Krankenhausgarten.

 

Der krönende Abschluss war der Tag meiner Entlassung. Um 13 Uhr war ich in Garmisch-Partenkirchen zur Hochzeit von Ira und Jan eingeladen. Von Freunden, die mich in dieser Zeit nicht nur aufopfernd und wahnsinnig toll physiotherapeutisch und osteopathisch betreut haben, sondern auch bei dem ein oder anderen Glas Blubberbrause den nötigen mentalen Energieschub verpasst haben. Da wollte ich natürlich nicht auf der Tanzfläche fehlen.

STATEMENT: Die zweite Phase meiner Verletzung war psychisch der schlimmste Abschnitt der Recovery. Ab dem Moment, in dem man merkt, dass der „normale“ Ablauf einer Kreuzbandtherapie nicht klappt, wird man zuerst nervös und irgendwann zutiefst deprimiert. Man weiß nicht, wann man wieder zurück zum Sport kann und ob überhaupt alles wieder so funktioniert wie vorher.

 

Für jemanden, der sich nicht vorstellen kann, ohne den Sport, den er liebt wieder so glücklich zu werden wie vorher, für den ist auch so eine Verletzung eine richtig große Herausforderung im Leben. So war und ist es jedenfalls für mich. Wären in dieser Zeit nicht mein Freund, meine Familie und viele Freunde für mich da gewesen, so wäre es umso schwieriger geworden.

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